Von Nicolas Olberg

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TalkAbout

Was macht ein Digital Designer?

„Nic, tut mir leid, aber was machst du eigentlich in deinem Job?“ Ein langjähriger Freund hat mir diese Frage etwas beschämt vor einigen Wochen gestellt. Kein Grund zur Schande. Egal wie gut sich jemand mit Softwareprojekten auskennt, diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Also was mache ich eigentlich?  Wenn wir etwas bauen – sei es ein Schiff, ein Haus oder eben…

TalkAbout

„Nic, tut mir leid, aber was machst du eigentlich in deinem Job?“

Ein langjähriger Freund hat mir diese Frage etwas beschämt vor einigen Wochen gestellt. Kein Grund zur Schande. Egal wie gut sich jemand mit Softwareprojekten auskennt, diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Also was mache ich eigentlich? 

Wenn wir etwas bauen – sei es ein Schiff, ein Haus oder eben Software – brauchen wir mehr als nur Handwerker, um eine Idee in die Tat umzusetzen. Es braucht eine Vision, ein Konzept, ein optisches Design, möglicherweise einen Prototypen und noch vieles mehr, das mit dem eigentlichen Bau noch nicht so viel zu tun hat. 

Als digitaler Designer verstehe ich mich als Vermittler zwischen Idee und Umsetzung. Ich hinterfrage die Idee, öffne noch einmal Problem- und Lösungsraum, bewerte den Projektkontext oder die technische Umsetzbarkeit. Letztlich sorge ich dafür, dass das fachliche Konzept eines IT-Produkts rund wird und die Vision sowie die resultierenden User Stories ein sinnvolles Gesamtbild ergeben. Und zwar rechtzeitig! Damit das Entwicklerteam nicht alles doppelt und dreifach programmieren muss. Denn – mal ehrlich – bei aller Agilität sind einige Schleifen, die man drehen könnte, überflüssig, wenn man sein Handwerkszeug beherrscht und frühzeitig die richtige Richtung auslotet. Solche Schleifen kosten immer Zeit und Geld. Von daher bin ich davon überzeugt, dass mit Digital Design in einem Softwareprojekt, das Produkt schneller, besser und günstiger Nutzen stiften wird.  

Im Kern unterteile ich meine Arbeit in drei Produktebenen: Implementation – Exploration – Shaping 

Implementation 

Für den Nutzen eines Produkts sorge ich natürlich nicht alleine. In der Regel arbeite ich eng mit dem Product Owner auf Kundenseite zusammen. Ich unterstütze ihn vor allem in der Anforderungserhebung und -prioriserung. Das heißt, dass wir eine Fachlichkeit und die Produktvision kontinuierlich gemeinsam weiterentwickeln. Dabei überprüfe ich die Einflussfaktoren, Use Cases und Auswirkungen der Digitalisierungsidee und entwickle so das zugrundeliegende Konzept des Endprodukts – fachlich, wie auch technisch -.

Ich wirke sowohl sichtbar durch beispielsweise Personas, Story Map oder initialem Backlog, wie auch „im Verborgenen“ durch fachliche Architekturen oder Prozess-Engineering. Ich gehe nicht zu sehr in Tiefe, sondern versuche die optimale Grundlage für einen reibungslosen Start in die agile Implementierungsphase zu schaffen. 

Wenn die „Handwerker“ dann in der „Delivery Phase“ hinzukommen und mit dem Bauen beginnen, ist meine Arbeit aber definitiv nicht zu Ende. Wir gestalten gemeinsam als Team die Details des Produkts aus, füllen das Konzept mit Leben und erweitern das Produkt Stück für Stück.

Exploration 

In der Vorstufe, der Product Exploration, exploriere ich erst einmal die Idee und ihren Kontext, ohne sie zwangsläufig direkt in Umsetzungsartefakte zu übersetzen. Dabei kann ich mit dem Kunden auch zu dem Ergebnis kommen, dass ein Vorhaben gar nicht sinnvoll ist. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Kein ausreichender Business Case, zu große Schnittmengen mit ähnlichen Projekten oder Systemen, nicht eliminierbare Risiken oder eine elementare Veränderung in der Unternehmensumwelt. Solche Aspekte beleuchte ich zum Beispiel auf Basis von Stakeholder-Workshops und Interviews. Auch die Erkenntnis, etwas nicht weiter zu verfolgen, ist sehr wertvoll. Hier kann schnell Geld eingespart werden, indem in eine Idee nicht weiter investiert wird. Eine bewusste „Product Exploration“ steht im Kontrast zum „einfach drauf los bauen“.

Shaping 

Die Art meiner Projekte ist verschieden. Oftmals helfe ich meinen Kunden dabei, individuelle oder veraltete Lösungen zu vereinheitlichen und zu zentralisieren. Zum Beispiel zahlreiche komplexe Excellösungen in eine Cloudlösung mit zeitgemäßer Weboberfläche zu überführen. Wenn Kunden Digitalisierung noch eine Stufe weiterdenken, wird es für mich umso spannender.  

Unter „Weiterdenken“ verstehe ich, dass jemand mit uns ein ganz neues Geschäftsmodell erschließen möchte – sich konsequent transformiert. Hier ist mein Anspruch, den Kunden bereits in der Value-Definition und Lösungsvielfalt zu beraten und so sein Geschäftsmodell zu schärfen. Dabei stellen wir uns gemeinsam viele Fragen hinsichtlich Motivation, fachlichem Fokus, zukünftigem Nutzer und weiteren Aspekten. Dabei können bspw. auch Themen wie Datenschutz oder Nachhaltigkeit eine Rolle spielen, um über den Wert des Vorhabens zu diskutieren. Wenn wir dieses neue Geschäftsmodell dann schließlich gemeinsam fachlich und technisch ausgestalten und es schnellstmöglich live zum Nutzer bringen, ist dies für mich die schönste Art und Weise durch Digital Design einen echten Mehrwert zu generieren.  

„Stillstand ist der Tod“

Die Vielseitigkeit dieser drei Ebenen sind nur ein Grund, warum mich dieser Job erfüllt. Vier Themen treiben mich täglich an.

1. Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten.

2. Ich stehe auf Technologie, die Nutzen stiftet und das Leben erleichtert.

3. Mir macht es Spaß, fachliche Herausforderungen so zu modellieren, dass sie in Software umsetzbar werden.

Und 4.: ich mag es, mich ständig weiter zu entwickeln. Denn Stillstand ist der Tod. 

All diese Leidenschaften kann ich glücklicherweise in meinem Job als Digital Designer ausleben.


Von Nicolas Olberg