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Page Speed in komplexen Webprojekten: Auf das große Ganze kommt es an
Komplexe Webanwendungen performant gestalten? Dieser Herausforderung hat sich die DER Touristik Online GmbH bei der Entwicklung ihrer neuen Online-Buchungsplattform gemeinsam mit MaibornWolff gestellt.
Während pandemiebedingt Urlaubsflieger am Boden verharrten, ging die DER Touristik Online GmbH gemeinsam mit MaibornWolff die Neuentwicklung ihrer zentralen Buchungsplattform an, bei der es darum ging in Sachen Performance durchzustarten. Wir haben mit Herbert Hartung (SEO Manager bei DER Touristik Online GmbH) und Matthias Moosburger (MaibornWolff) darüber gesprochen, wie dies gelang.
Durchstarten mit Page Speed
Nutzer warten nicht gern. Das hat auch Google verstanden. Deshalb wurde Page Speed von Google zu einem der offiziellen Rankingfaktoren erkoren. Mit dem hauseignen Browser Chrome überwacht Google die Ladegeschwindigkeit von Webseiten unter realen Bedingungen. Daraus errechnet der Suchmaschinenkonzern die neu eingeführten Web Vitals. Das sind Kennzahlen zur Bewertung der Page Speed. Schnelle Seiten erhalten seit 2021 nun einen „Ranking-Boost“ und erscheinen bei einer Suchanfrage weit oben, langsame Seiten erscheinen weit hinten.
Page Speed ist für einen Online-Touristikkonzern von je her eine große Herausforderung: Sein Angebot lebt davon, den Usern mit möglichst vielen Bildern einen lebendigen Eindruck von der Urlaubsdestination zu verschaffen. Bilder bestehen allerdings naturgemäß aus großen Datenmengen und wirken sich negativ auf die Ladezeit aus. Sie sind obendrein nicht der einzige Faktor, der hier ins Gewicht fällt. Auch komplexe Suchabfragen brauchen ihre Zeit — wie geht man damit um, ohne auf wichtige Content-Elemente zu verzichten? Wie muss sich ein Buchungsportal neu erfinden?
Im Interview: Herbert Hartung & Matthias Moosburger
Page Speed zu optimieren bedeutet jede Menge Aufwand. Welche Interessen mussten dafür zurückstecken? Wie seid ihr damit umgegangen?
Herbert Hartung: Schon zu Projektbeginn haben wir uns hohe Ziele gesetzt. Wir wollten die Konkurrenz in Qualität und Performance weit abhängen. Viele Kollegen hielten das für unrealistisch. Ohne Bilder geht es in unserem Business ja nicht — da kann man keine Abstriche machen. Nun ist das ein Spannungsfeld, das wir auch an anderen Stellen erlebt haben: Business-Wünsche gegen Performance, viele Kollegen waren sich nicht sicher, dass beides geht.
Matthias Moosburger: Viele, hochauflösende Bilder den Nutzern an prominenter Stelle zu zeigen bedeutet nicht automatisch auf gute Performance verzichten zu müssen. Vielmehr muss man die Herausforderung annehmen und eine technische Lösung finden, die den diversen Interessen gerecht wird.
Ohne Bilder geht es in unserem Business ja nicht — da kann man keine Abstriche machen.
Herbert Hartung, SEO-Manager DER Touristik Online GmbH
Wie geht man das konkret an?
Matthias Moosburger: Eigentlich ist die Aufgabe eindeutig: Google gibt für die Web Vitals ganz klare Werte vor, die wir einhalten wollten: der Largest Contentful Paint (LCP) muss durchschnittlich in weniger als 2,5 Sekunden gemessen werden. Das bedeutet: die visuell wichtigsten Elemente einer Seite sind nach 2,5 Sekunden vollständig für die Nutzer sichtbar. Bei Bildern kann das besonders herausfordernd sein, denn sie stellen enorme Datenmengen dar, die der Browser erst einmal laden muss – und das kostet Zeit. Das ist aber nicht alles: Auch wenn beim Seitenaufbau durch das Nachladen von Content Blöcke verschoben werden, wird das von Google bestraft.
Herbert Hartung: In der Top-Liga zu spielen bedeutet: Wir müssen diese Werte auf jeden Fall unterbieten, das war klar. Darum bekamen die Web Vitals in unserem Projekt einen besonderen Stellenwert. Wir haben die Zielwerte automatisch auf Dashboards überprüft. Wir wollten wissen, welchen Effekt eine Code Änderung hat. So haben wir regelmäßig allen transparent gemacht, wo wir beim Thema Performance und Page Speed aktuell stehen und ob wir noch im Limit sind.
Das allein reicht jedoch nicht: Eine Person muss sich für Page Speed und Suchmaschinenoptimierung wirklich verantwortlich fühlen. Das war mein Job. Als SEO-Manager habe ich diese Dashboards konstant überwacht und kontrolliert. Unterstützt haben mich die Digital Designer. Sie haben Page Speed als konkrete Anforderung aufgenommen und mit anderen Stakeholdern verhandelt. Mit dem Überblick über das große Ganze im Projekt waren sie in der besten Position, gemeinsam mit dem Product Owner die Page-Speed-Anforderungen adäquat zu priorisieren.
SEO-Manager: Unverzichtbar für den Erfolg
Wenn das ganze Team schon auf die Dashboards schauen kann – wozu braucht es dann noch einen SEO-Manager?
Matthias Moosburger: Eine einzelne, schlechte Messung muss nicht gleich Grund zur Sorge sein. Die Messwerte werden von diversen Umgebungsfaktoren wie Verbindungsqualität und CPU-Auslastung beeinflusst. Sie schwanken enorm. Entscheidend ist, ob ein andauernder Trend erkennbar ist. Und das lässt sich nicht immer ad hoc sagen. Darum ist es hilfreich einen SEO-Manager zu haben, der den Gesamtüberblick behält und einschätzen kann, ob sich die Page Speed wirklich dauerhaft verschlechtert hat – oder, ob der Messwert nur von einer kurzen Schwankung in der Serverleistung beeinflusst wurde. Nur so erkennt man, wann man wirklich eingreifen muss.
Übrigens: auch Google erhebt so die Felddaten, die sie zur Bestimmung der Web Vitals heranziehen und eliminiert statistische Ausrutscher.
Einzelne, schlechte Messungen sind nicht gleich Grund zur Sorge. Darum braucht man einen SEO-Manager, der den Gesamtüberblick behält.
Matthias Moosburger, MaibornWolff
Nun ist der SEO-Manager nur einer von vielen Stakeholdern. Wie konntet ihr die vielen Interessen auf einen Nenner bringen?
Herbert Hartung: Nun ja, bei einem großen Konzern wie der DER Touristik gibt es ja immer viele Stakeholder, die jeweils ein eigenes Ziel verfolgen. Da hilft der unverstellte Blick von außen. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit MaibornWolff hat uns geholfen, konsequent auf ein Gesamtziel zuzuarbeiten, auch wenn sich Teilziele von Stakeholder widersprechen.
Matthias Moosburger: Wir konnten viel unserer Software Engineering Erfahrung ins Projekt einfließen lassen. So wissen wir beispielsweise, dass gerade das Thema Page Speed Optimierung ein solides Verständnis verlangt, wie Google die Web Vitals Metriken erhebt. Nur so konnten wir gezielt Verbesserungspotentiale aufzeigen und Lösungen umsetzen, die alle Stakeholder abholen. Ab und zu gelang es uns sogar, Erwartungen zu übertreffen: wir konnten mehr Bilder einbinden als wir anfangs dachten und trotzdem die Performance verbessern!
Jetzt ist die neue Buchungsplattform veröffentlicht, wie geht es nun weiter?
Herbert Hartung: Wir haben eine Top-Leistung für unser Portal erreicht und sind sehr stolz darauf! Unser neues Portal ist optimal darauf ausgerichtet, beste Rankings zu erzielen. Da bleiben wir jetzt dran und behalten das Thema Page Speed auch künftig im Auge. Von MaibornWolff haben wir viel gelernt. Darauf bauen wir jetzt auf.